3. Prozesstag 11.10.2018

Vor dem dritten Prozesstag war nicht absehbar, dass dies der letzte Termin sein sollte. Es wurde der Dienststellenleiter des PK21 Niebling vernommen, der gleichzeitig auch Leiter der PK 25 und PK26 ist. Es sollte geklärt werden, ob das PK21 bewusst in den Prozess eingreift und wozu Beamte des Kommissariats in Zivil im Saal saßen. Niebling legte einen betont arroganten Auftritt hin und verkündete es sei völlig normal, bei G20–Prozessen Polizeibeamte mit in den Gerichtssaal zu schicken. Natürlich ausschließlich zu „Fürsorgezwecken“. Es war interessant zu beobachten, wie das selbst bei der Staatsanwältin Kopfschütteln auslöste.

Nach der Pause wurde erneut ein ziviler Beamter im Zuschauerraum enttarnt und des Saales verwiesen. Danach wurde zum ersten Mal seit langer Zeit wieder eine fallbezogene Befragung durchgeführt mit dem Bullen Rolfes. Dieser gab sich eher bauernschlau, machte keine Fehler, trug aber auch nichts wesentlich Neues bei.

Beginn des dritten Prozesstages

Vor dem Gericht gab es wieder unsere Kundgebung. Im Saal wurden uns dann zu Beginn des dritten Prozesstages Prozessbeihilfen genehmigt. Das heißt, unsere Anwaltskosten werden vom Staat übernommen, da der Prozess durch die Bullen unnötig verkompliziert wurde.
Dann war der Dienstellenleiter vom PK21 Herr Niebeling an der Reihe. Er wurde vor allem zu seiner Politik, Polizeibeamte in den Gerichtssaal zu entsenden, befragt. Er legte einen betont arroganten Auftritt hin und wand sich, wie zu erwarten, aus den wichtigen Fragen heraus.

Der Dienststellenleiter

10:05
Die Richterin teilt mit, dass sie per Telefon darüber informiert wurde, dass heute ein Beamter als Zuschauer kommt, der nicht beim PK21 ist und die Vernehmung von Niebeling beobachten will. Die Staatsanwältin ist genervt, dass wieder Polizist*innen im Raum sitzen.
Niebeling betritt den Saal und stellt sich vor als Andreas Niebeling, 50, wohnhaft in Hamburg. Die Richterin fragt ihn, ob er wisse, warum er hier sei. Niebeling sagt, ja, wegen einer vermeintlichen Beeinflussung von Zeugen. Sehr detailliert befragt sie ihn nach der Praxis, Beamte des gleichen PK zur Vernehmung ihrer Kollegen zu schicken. Niebeling gibt an, dass die Vernehmung für Tenoth am ersten Prozesstag sehr anstrengend gewesen sei, dass mehr Pausen gemacht werden müssten. Die Begleitung werde durch Kollegen statt durch externe Personen durchgeführt, weil sie sich gegenseitig besser kennen würden. Die Gespräche über den Prozess würden sich nicht um Inhaltliches drehen: „Das Verfahren ist für mich völlig irrelevant.“
Die Richterin fragt, ob er wisse, warum beim ersten Prozesstag zwei Kolleg*innen von ihm anwesend waren. Niebeling sagt, Frau Niels habe der Verhandlung folgen wollen. Die Richterin fragt, ob sie das selbst entschieden hatte. Niebeling sagt nein, „es war eine Bitte von mir.“ Da die Richterin sie des Saals verwiesen hatte, ist beim nächsten Mal Cordes unbewaffnet gekommen.
Die Richterin fragt, welche Hilfe genau die Begleitung durch die Kollegen darstellen sollte. Niebeling erklärt, es ginge um Fürsorge. Der Mitarbeiter aus dem PK25, der heute anwesend sei, habe die gleiche Aufgabe. Eine solche Beobachtung komme häufiger vor, es habe immer den Fürsorgeaspekt, „einen anderen Aspekt haben wir nicht.“
Die Staatsanwältin konkretisiert: „Stellen Sie jedes Mal jemanden mit?“ Niebeling bejaht und begründet es mit G20. Es bestehe das Risiko, dass die Zuhörer*innen Einfluss auf die Zeugen nähmen. „Es ist in jedem G20-Prozess so.“ Die Staatsanwältin: „Das ist mir neu.“
Niebeling erklärt, dass sie das nicht melden müssten.
Anwältin K. fragt, welche Kenntnisse Niebeling über den Inhalt der vergangenen Prozesstage hat. Niebeling sagt, gar keine, nur, dass wegen schweren Landfriedensbruchs verhandelt würde.
K. fragt, seit wann er der Leiter des PK21 sei. Niebeling sei seit Mai 2017 Leiter und habe mehrere Aufgaben und Weisungsbefugnisse für seine Dienststelle und die Region Altona, d.h. sowohl für PK21 als auch für PK25 und 26. Auf K.s Nachfrage, wie viele Beamt*innen bei der PK21 arbeiteten, gibt Niebeling mehr als 100 an. Er will nicht angeben, zu welcher Untereinheit Tenoth, Rolfes und Joneleit (Hauptbelastungszeugen) gehörten. Er sagt nur, dass Aschberger nicht mehr beim PK21 sei, mehr wolle er dazu nicht sagen. Anwältin D. fragt, warum er nicht sagen wolle, seit wann Aschberger nicht mehr beim PK21 sei. Niebeling sagt, das beträfe die Polizeitaktik. Er könne nur sagen, dass Tenoth, Rolfes und Junneleit in zwei unterschiedlichen Dienstgruppen waren. Er zeigt seine Aussagegenehmigung, die von Herrn Rowe (?) unterschrieben wurde.
K. fragt, welcher Gegenstand für die Aussagegenehmigung angegeben wurde. Niebeling sagt, ein Prozessbeobachter sei enttarnt und als Zeuge geladen worden. Aussagegenehmigungen würden grundsätzlich erteilt, dafür brauche man nicht den Gegenstand zu kennen. Von sich sagt er allerdings: „Wenn ich unterschreibe, schaue ich es mir immer an.“
Auf K.s Nachfrage, warum er nicht erklären will, welche Beamte in welcher Dienstgruppen seien, gibt er an, dass Tenoth und Joneleit in der einen und Rolfes in einer anderen seien.
K. fragt nach den Aufgaben der drei, worauf Niebeling ausweichend antwortet und nicht angeben will, ob sie in zivil oder uniformiert unterwegs seien.
K. fragt, ob es sein könne, dass Beamten aus unterschiedlichen Dienstgruppen zusammen unterwegs sind. Niebeling bejaht, Tenoth arbeite öfters mit Rolfes. An dem Tag hätte „eine besondere Einsatzsituation“ bestanden. Tenoth und Rolfes seien nicht als Beamte des PK21 tätig gewesen. Sie seien im Zugriff des Leiters Dudde gewesen. Wer in der fraglichen Nacht der Vorgesetzte von Niebeling gewesen sei, wolle er nicht sagen.
K. fragt ihn, wie viele Verfahren zu G20 mit Beteiligung des PK21 stattfänden. Niebeling wisse es nicht und wolle nicht schätzen. K.: „Weil sie nicht relevant sind?“ Niebeling sagt, sie seien nur für seine Mitarbeiter relevant, nicht inhaltlich. K. fragt, wie viele Kapitalverfahren gerade verhandelt würden.
Niebeling wolle auch das nicht schätzen. Auf K.s Frage, wie oft Beobachter gesendet würden, antwortet er, nur wenn Leute vom PK21 betroffen seien und wenn es für erforderlich gehalten würde.
K. schätzt dieses Verfahren nicht als besonders traumatisierend für die Polizist*innen ein und auch nicht als von besonderem öffentlichen Interesse. Es sei eben ein Verfahren des PK21, so Niebeling, und er wisse nicht, ob andere Beamte von anderen PK geschickt würden. K. stellt fest, dass er beim ersten Prozesstag schon Beamte in den Saal geschickt habe, worauf er angibt, dass Frau Niels gebeten wurde zu beobachten, wie mit den Zeugen umgegangen werde, da sie eh bei der Versammlung sei. Bei anderen G20-Prozessen habe das PK 21 keine Beobachter entsandt.
K. fragt, warum dann hier? Niebeling begründet es mit dem Publikum, und weil eine Versammlung angemeldet worden sei. Er hätte gewusst, dass dieses Verfahren einen G20-Bezug hätte und dass Landfriedensbruch vorgeworfen würde, ansonsten sei der Gegenstand völlig ohne Bedeutung.
K. fragt, seit wann es diese Praxis auf seiner Dienststelle gäbe. Niebeling wisse nicht, ob sein Vorgänger es gemacht habe und ergänzt: „Ich habe es selber entschieden.“
K. fragt, ob es in Absprache mit der Staatsanwältin erfolgte? Niebeling verneint. Ob er die Beobachter angemeldet habe? Niebeling sagt, für den heutigen Tag schon, weil es das letzte Mal nicht gut angekommen sei, als er es nicht tat.
K. fragt, ob sich die Polizist*innen im Saal erkennbar machen würden. Niebeling antwortet, sie seien entweder in Uniform, sonst wisse er nicht, wie sie sich erkennbar machen sollten.
K. fragt, wie die Beamten für ihre Aufgabe qualifiziert seien. Niebeling sagt, dass die Beobachter*innen gucken sollten, wie sich die Kolleg*innen fühlten und wie sie behandelt würden, damit sie weiter geschult werden könnten, wenn sie ihre Rechte und Pflichte nicht kennen würden. Cordes habe er bei der Morgenbesprechung nur angewiesen zu beobachten, ihn aber nicht genau instruiert, weil der sich auskenne, wobei er gleich darauf feststellt hat, dass er nicht wisse, ob Cordes jemals eine Beobachtung gemacht habe.
K. sagt, es sei merkwürdig, dass Cordes keine genaue Anweisung bekommen habe. Auf ihre Frage, wie lange die Beobachtung dauern sollte, gibt Niebeling an, während der Zeugenvernehmung. K. fragt, ob Cordes auch davor anwesend sein sollte. Niebeling sagt ja, um zu verstehen, warum bestimmte Fragen gestellt würden. Er ist genervt, dass er mehrmals wegen seiner Nichtanweisungen gefragt wird. Er wiederholt, dass der Inhalt der Verhandlung irrelevant ist.
K. fragt, was eine lange Vernehmung heiße. Niebeling habe gehört, es ging 6 Stunden. K. fragt, warum es anstrengend gewesen sei. Niebeling sagt, weil wie gerade, die gleichen Fragen immer wieder gestellt würden.
K. fragt, ob Beamte während ihrer Dienstzeit aus Eingeninteresse zu einem Gerichtsprozess kommen könnten. Nein, nur in ihrer Freizeit, antwortet Niebeling.
Anwalt M. fragt, wie selbstverständlich diese Beobachtungen seien. Niebeling sagt, sie seien selbstverständlich und sie würden auch weiterhin stattfinden. Auf M.s Nachfrage gibt er an, damit offen umzugehen.
Anwältin D. fragt, ob Herr Niebeling es nicht bedenklich fände, dass sich die zwei Beamten beim ersten Prozesstag während ihrer Dienstzeit bereits in den Saal setzten, bevor Tenoth befragt worden sei. Dass sei normal, weil sonst alle Plätze belegt gewesen wären, sagt Niebeling.
D.: „Ist es keine Ressourcenverschwendung?“ Niebeling verneint. Als D. die Möglichkeit anspricht, die Beamten anzumelden und ihnen so Plätze zu reservieren, stimmt er zu.
D. stellt fest, dass Cordes zunächst gesagt hätte, er sei privat hier. Ob das Niebelings Auffassung nach dessen Aufgabe entspreche? Niebeling verneint, er hätte sagen sollen, dass er dienstlich da sei, dies werde mit ihm nachbereitet.
D. fragt, warum das PK25 heute im Saal sei. Nur zur Fürsorge, sagt Niebeling, und weil man als Zeuge die Sachen anders wahrnehme.
K. fragt, ob er das Gefühl habe, der Einsatz beim G20 sei für die Kolleg*innen generell anstrengend gewesen, und ob er und die Kolleg*innen sich nach G20 auf der Dienststelle darüber unterhalten hätten, was Niebeling bestätigt. Ob es denn da Nachsorge betrieben worden sei, fragt K. Niebeling verneint.
Nachdem Niebeling hinausgeschickt wurde, meldet K. an, Bedenken zur Situation schriftlich einreichen zu wollen.
Als der anwesende Beamte vom PK25 auf Nachfrage der Richterin ankündigt, nicht länger zu bleiben, fragt die Richterin, ob er von weiteren Beobachtern wisse, was er verneint.

11:50 Pause

Das einzig wirklich Interessante, was Niebeling an diesem Tag sagte, war also, dass es völlig normal sei, bei G20–Prozessen Polizeibeamte mit in den Gerichtssaal zu schicken. Natürlich ausschließlich zu „Fürsorgezwecken“. Es war interessant zu beobachten, wie das bei der Staatsanwältin Kopfschütteln auslöste und sie hektisch in ihrem Werk der Strafprozessordnung zu wühlen begann.
Nachdem es nun fast zwei ganze Prozesstage lang fast ausschließlich um die internen Abläufe im PK21 gegangen war und ihre Praxis Prozessbeobachter*innen zu schicken und wie diese womöglich und tatsächlich Einfluss auf die anderen Bullenzeugen nehmen, sollte nun noch der Bulle Rolfes aussagen.

Schon wieder eine Zivte im Raum

13:15
Ein neuer Beamter ist im Zuschauerraum. Auf Nachfrage gibt er seinen Namen an und dass er auch zum PK21 gehöre. Nach einem hin und her zwischen ihm und der Richterin sieht er ein, dass er gehen sollte, bevor er offiziell von der Richterin ausgeschlossen würde. Dabei verhält er sich frech bis provokativ gegenüber der Richterin.
Anschließend kommt Rolfes herein und stellt sich als Christian Rolfes, 39, Polizeibeamter in Hamburg vor.
Die Richterin fragt, wie er sich auf die Vernehmung vorbereitet habe. Rolfes sagt, er hätte seinen eigenen und den Bericht von Tenoth durchgelesen, die am Folgetag der fraglichen Nacht geschrieben worden waren. Die beiden hätten sich dienstlich nicht wieder über den Vorfall unterhalten, eventuell jedoch privat. Er vermute, dass es sich im Prozess um Landfriedensbruch handele. Er erinnere sich, dass Tenoth direkt nach dem Vorfall dazu befragt wurde, er selbst nicht.
Die Richterin fragt, ob er Herrn Wilken von der Soko „Schwarzer Block“ kenne, was Rolfes verneint. Die Richterin fragt, ob dieser nochmal mit ihm geredet habe. Rolfes sagt: „Nicht, dass ich wüsste.“ Die Richterin macht darauf aufmerksam, dass es einen Widerspruch in den Akten gäbe, doch Rolfes erinnere sich nicht daran. Er bekommt es vorgelesen. Rolfes wird gefragt, ob er den Bericht unterschrieben habe und bestätigt, dass es seine Unterschrift sei.
Die Richterin fragt, mit wem er auf der Dienststelle über den Prozess gesprochen habe. Rolfes hätte gesagt, dass er zum Gericht gehen müsse. Sein Kollege Tenoth habe ihm erzählt, er sei 4 Stunden vernommen worden und es sei hart gewesen. Er könne nicht sagen, worin die Härte bestanden hätte und könne nicht sagen, ob es Tenoth tatsächlich belastet habe.
Die Richterin fragt, an was er sich bei dem Vorfall erinnern könne. Rolfes berichtet, dass er als Zivilbeamter mit Tenoth unterwegs gewesen sei. An der Ecke Max-Brauer-Allee sei eine Menschenmenge von 30-35 vermummten Personen bei der Ecke Marx-Brauer-Allee gewesen. Es gab Steinhaufen und es wurde alles Mögliche auf der Straße gemacht. Eine Kolonne sei vorbeigefahren und wurde mit Steinen beworfen. Es sei versucht worden, weitere Barrikaden anzuzünden. Das ganze habe etwa eine Stunde gedauert, dann habe sich die Menge aufgelöst. Zu dem Zeitpunkt seien auf der Kreuzung 100-150 Menschen gewesen, darunter vermummte Personen, die „noch nicht genug hatten“. Diese seien in eine Seitenstraße gegangen und hätten versucht, zwei Mülltonnen aus einem Hauseingang auf der Straße anzuzünden, wovon eine brannte, eine andere sei von Passant*innen gelöscht worden. Als die Gruppe weiter gegangen sei, wurde beschlossen, sie festzunehmen. Außer ihnen waren weitere Zivilbeamte im Dienst, es gab mehrere Teams, die gewartet hätten. Ein vermeintlicher Täter sei Richtung Arnkielstraße geflohen, diesem sei er gefolgt. Neben ihm und zwischen den Autos habe ein Kollege gewartet, der „Polizei“ gerufen hätte und einen Schlagstock in der Hand hatte. Damit habe er den Fliehenden am Oberschenkel getroffen und ihn anschließend gepfeffert. Danach habe dieser sich nicht mehr gewehrt und habe ein Zeichen gemacht, dass „wir gewonnen haben“. Eine Gruppe von Kollegen in Zivil wartete im Auto, in das sie den Angeklagten gesteckt hätten. Er sei ein Stück mitgefahren und dann wieder ausgestiegen, um mit seinem Kollegen mit dem Rad zur Wache zurückzufahren. Sie waren als Zivis mit Rad unterwegs.
Die Richterin fragt, wieso ihnen diese Dreiergruppe ausgefallen sei. Rolfes antwortet, sie hätten ausgesehen, als ob sie was machen wollen würden, daher haben sie sich entschieden, sie zu verfolgen.
Die Richterin fragt, ob die dritte Person sich nur umgesehen oder etwas gemacht habe. Rolfes sagt, die Person habe einen Stein aufgehoben, so habe es im Bericht gestanden. Er kann sich nicht genau erinnern, aber es passt zu seiner Erinnerung.
Die Richterin fragt, ob er den Hauseingang beschreiben könne. Es sei in der Ölkersallee gewesen, sagt Rolfes, dort links gebe es eine freie Fläche und der Hauseingang sei nach unten versetzt. Außerdem sei dort ein Gebüsch und ein Containeraufsteller. Das habe er im Nachhinein gesehen, als er dort vorbei fuhr. Die Richterin fragt, was er an dem Tag gesehen habe. Rolfes sagt, er sei auf der rechten Seite gegangen, die Beobachteten links in die Sackgasse am Hauseingang und hätten dort etwas mit Feuer gemacht. Eine Person kam mit den Müllcontainern wieder. Er vermutet, dass sie dort in der Ecke gestanden hatten, es war aber dunkel, er konnte es nicht sehen. Zeitlich sei es aber anders nicht möglich gewesen.
Die Richterin fragt, was er genau mit Feuer gesehen habe. Rolfes sagt, er habe Schattierungen, ein Flackern oder ein Lodern gesehen. Man habe irgendwas in die Tonne hineingetan, was gebrannt habe. Die Richterin fragt nach dem Aussehen der Tonnen, worauf Rolfes antwortet, es seien eckige Tonnen von Einzelhaushalten gewesen. Die Tonnen seien hingelegt worden und es wurde versucht, sie anzuzünden. Die Richterin fragt, was für Deckel die Tonnen gehabt hätten, ob sie auf oder zu waren. Rolfes sagt, sie hatten einen Deckel, eine Tonne sei offen gewesen, die andere wisse er nicht. Die Richterin fragt, ob er sich sicher sei, dass zwei Mülltonnen gebrannt hätten. Rolfes sagt, es sei lange her. Die Richterin fragt weiter, ob nach der Beobachtung der Mülltonnenaktion mehr Polizist*innen dazu gekommen seien und wie das kam. Sie hätten Funkkontakt gehabt, erklärt Rolfes, die Kollegen seien nicht zufällig da gewesen.
Die Richterin fragt, wie genau sie sich in der Situation als Polizeibeamte zu erkennen gegeben hätten. Rolfes sagt, es sei „Stopp Polizei“ gerufen worden, als die Angeklagten ein Stück weg waren. Sie hätten ihren Ausweis griffbereit gehabt, sein Kollege hätte ihn bestimmt gezeigt, er selbst nicht.
Die Richterin fragt, ob etwas Besonderes mit dem Fahrzeug gewesen sei, in welchem Zustand es war.
Rolfes sagt, die Rückbank sei nach vorne geklappt gewesen, weil sie Gegenstände transportiert und eventuell Platz fürs Fahrrad gebraucht hätten. Wohlers und Dorn seien auch mitgefahren.
Die Richterin fragt, warum sie die Rückbank nicht wieder aufgeklappt hätten, woraufhin Rolfes erklärt, dass sich eine Gruppe von 10-15 Menschen genähert hätte, die den Eindruck machte, sie angreifen zu wollen. Daher sind sie schnell weggefahren. Dorn und Rolfes hätten vorne gesessen, Rolfes sei dann ausgestiegen.
Die Staatsanwältin fragt, was welche der 3 Personen gemacht habe. Rolfes sagt, sie waren alle dunkel gekleidet und vermummt. Er habe erkennen können, dass eine Frau dabei war, könne aber nicht sagen, wer was gemacht habe. Die Staatsanwältin bittet ihn, die Situation mit den Mülltonnen genauer zu schildern.
Rolfes sagt, die drei hätten sich umgesehen, was sie machen könnten, hätten dann die Mülltonnen entdeckt. Eine Person habe abgesichert, zwei waren im Eingangsbereich. Es gab Flackern in den Tonnen. Jede Person habe eine Tonne in Richtung Kreuzung gezogen. Die Staatsanwältin fragt, wo sie dann hin gegangen seien. Rolfes erklärt, dass sie die Tonne, die ein bisschen gebrannt habe, auf die Kreuzung gelegt hätten.
Die Staatsanwältin fragt, ob eine Person hineingekrochen sei. Rolfes bejaht, und man habe erkennen können, dass etwas gebrannt hätte. Dann seien die Anwohner*innen gekommen und er könne nicht sagen, ob es weiter gebrannt hat. Rolfes zeigt die Situation auf einer Skizze. Die Staatsanwältin bittet ihn zu erzählen, was passiert sei, als er den Dreien gefolgt ist. Rolfes sagt, sie seien gerannt und er hinterher. Sein Kollege bestimmt auch. Nach 10-15 Meter haben sie aufgeschlossen. Sie seien nie außer Sichtweite geraten.
Die Staatsanwältin fragt, wie sie sich die Kommunikation mit den Funken vorstellen könne und ob er vorher schon gefunkt habe. Rolfes sagt, er oder sein Kollege hätten schon gefunkt, als sie die Gruppe auf der Max-Brauer-Allee gesehen haben. Alle im Umkreis seien auf einem Kanal, alle anderen Beteiligten auch. Die Frage der Staatsanwältin, ob Aschberger die Festnahme angeordnet habe, bejaht er.
Die Staatsanwältin bittet um eine Beschreibung der Aktion mit Schlagstock und Pfeffer. Rolfes beschreibt, dass die Person auf dem Gehweg gewesen sei und er nicht, es gab Autos dazwischen. Am Ende der Straße habe ein Kollege gestanden, der mit dem Schlagstock auf die Person einschlug. Rolfes selbst habe Pfeffer benutzt, als die Person umkehren wollte. Der Pfeffer hatte er in einer Umhängetasche um die Schulter.
Die Staatsanwältin: „Wussten Sie, ob Sie die Person getroffen haben?“ Rolfes sagt ja. Die Staatsanwältin: „Woran machen Sie das fest?“ Rolfes sagt, man konnte es an dem Strahl sehen. Die Staatsanwältin: „Musste die Person danach behandelt werden?“ Rolfes: „Das weiß ich nicht, weil ich danach nicht mehr dabei war.“
Die Staatsanwältin fragt, wie sie das mit der zugeklappten Rückbank gemacht hätten, ob die Person reingelegt wurde, doch Rolfes weiß es nicht mehr.
Die Staatsanwältin fragt, wie oft er an den Tagen vom 6., 7. und 8. Juni 2017 bei G20 eingesetzt wurde. Rolfes sagt, er habe am 6. einen anderen Einsatz bei den Camps gehabt. Am 7. und 8. war er beim PK21. Sein Aufgabebereich sei Aufklärung gewesen, d.h. “alles was relevant ist”. Die Staatsanwältin fragt, ob das auch Festnahmen umfasste. Rolfes antwortet, das gehöre immer dazu: „Wenn wir zuschlagen können, wenn es die Gelegenheit gibt, machen wir das“. – dunkles Gelächter im Gerichtssaal – Auch Rolfes muss schmunzeln und relativiert seine Aussage, wir wüssten schon, was er meine. Am Tag davor habe er einen Strafbefehl wegen Sachbeschädigung erteilt.
Die Staatsanwältin fragt, warum sie bei der großen Gruppe in der Situation davor niemanden festgenommen haben. Rolfes sagt, sie hätten es gemeldet, aber eine Festnahme sei nicht möglich gewesen. Wann und weshalb festgenommen wird, liege nicht in seinem Bereich.
Die Staatsanwältin fragt, was er danach gemacht habe. Sie hätten sich abgesprochen, wer was schreibt, sagt Rolfes. Tenoth habe den Hauptbericht bekommen, er selbst die eine Festnahme, Aschberger die andere. Auf die Frage der Staatsanwältin, ob sie die Berichte gemeinsam in einem Raum geschrieben und besprochen hätten, antwortet Rolfes, zunächst schon, dann seien sie in unterschiedliche Räume zum Schreiben gegangen. Die Berichte wurden anschließend zusammengelegt, Aschberger habe Korrektur gelesen. Bevor der Bericht abgeschickt wurde, habe Rolfes Tenoths Bericht gelesen, um zu sehen, ob dieser von seinem abweicht. Er habe aber nichts hinzugefügt. Die Staatsanwältin fragt, ob die Berichte auch inhaltlich von Aschberger gegengelesen würden. Rolfes verneint, es werde nur geprüft, dass es schlüssig sei, sonst achte Aschberger nur auf Grammatik und Rechtschreibung.

15 Minuten Pause

Anwältin K. fragt, ob Rolfes wisse, warum er zum 3. Prozesstag geladen wurde. Rolfes sagt, er habe nicht nachgefragt. Andere Kolleg*innen wüssten auch nichts. Er habe den Kolleg*innen Pahl und Genning (?) erzählt, dass er aussagen müsse. Er wisse nur, dass es beim ersten Mal lange gedauert habe und beim zweiten Tag Cordes vernommen wurde. Auf K.s Frage, wie oft er schon als Zeuge ausgesagt habe, antwortet er, zwei Mal. Die Aussagegenehmigung habe Zettin unterschrieben. Auf Nachfrage, warum Niebeling vernommen worden sei, vermutet er, wegen Cordes. Er könne nicht bestätigen, dass Prozessbeobachtungen beim PK21 gang und gebe seien und wisse nicht, was dabei die Aufgabe ist. Seine Aufgabenbereiche beim PK21 sind Schutz und Streife. Während des G20 war er Zivilfahnder. Tenoth sei immer noch Zivilfahnder.
Auf die Fragen zu den Funken sagt er, sie hätten unauffällig auf den Knopf gedrückt. Er und Tenoth hätten beide gefunkt und hätten die Menschenmasse dafür nicht verlassen. Zu den Fragen, wie sie mit dem Rad gefahren seien, sagt er, er und Tenoth seien zusammen gefahren, manchmal mit ein bisschen Abstand, aber immer in Sichtweite. Als es Richtung Ölkersallee ging, hätten sie am Anfang geschoben und seien dann gefahren. Bis zur Ölkersallee sei Tenoth vor Rolfes gefahren, dann sei gefunkt worden, dass es zur Festnahme komme. An der Ölkersallee sei Rolfes abgestiegen und stehen geblieben. Er könne sicher sagen, dass Tenoth die ganze Zeit da war, aber er wisse nicht, was dieser mit seinem Rad gemacht habe. Tenoth habe gefunkt, dass sich die Dreiergruppe bewege.
K. fragt, wie viele Zivilbeamte im Einzugsbereich waren. Rolfes antwortet, es seien ca. 6 bis 8 gewesen. Das war zu Anfang des Tages, danach sei er nicht sicher, ob einige schon Feierabend hatten. K. fragt, ob die anderen 4 auch in der Nähe der Max-Brauer-Allee standen.
K. fragt, ob sie direkt untereinander kommuniziert haben, oder es an eine Art Zentrale gemeldet wurde. Rolfes sagt, sie hätten überwiegend gefunkt, da könnten alle mithören, die auf dem gleichen Kanal seien. Auf K.s Nachfrage sagt er, Aschberger habe den Einsatz koordiniert, dieser sei der direkte Vorgesetzte. Aschberger habe die Festnahme beschlossen und sei in der Nähe gewesen. Rolfes sagt, die 4 hätten die Festnahme durchführen sollen, sowie Dorn und Wohlers, die sich auch gemeldet hatten. Tenoth und Rolfes sollten festnehmen, aber erst wenn genug Kolleg*innen da seien. Joneleit und Aschberger seien auch dabei gewesen.
K. fragt, ob es Aschberger aufgefallen sei, dass Rolfes‘ Bericht ungenau ist. Rolfes sagt, scheinbar nicht. K. fragt, was der Zusatzbericht solle. Rolfes sagt, es habe Abweichungen zu Tenoths Bericht gegeben, deswegen sei ein Zusatzbericht geschrieben worden. Sein Bericht entspreche seiner Wahrnehmung. Er hatte seinen Text fertig, dann später wurde der Zusatz geschrieben.
K. fragt, ob er sich als Vorbereitung auf den Prozess die Fotomappe aus der Akte angesehen habe, was Rolfes verneint. Ob er sie zu einem anderen Zeitpunkt gesehen habe, könne er nicht sagen. K. fragt, ob er sich an Fotos vom Hauseingang erinnern könne, ob er welche gesehen oder gemacht hätte. Auch das könne er nicht sagen, ebensowenig, ob Tenoth welche gemacht habe oder ob es Fotos von den Mülltonnen gab.
Anwältin D. fragt, wie viele Berichte Rolfes bei G20 geschrieben habe. Er habe nur den Zusatzbericht geschrieben, sagt Rolfes, an weitere könne er sich nicht erinnern. D. zeigt ihm ein Dokument und fragt, ob es seine Unterschrift sei, was er bejaht.
K. lässt sich von Rolfes bestätigen, dass er keine Bilder von den Mülltonnen gesehen hat und fragt, ob die Form oder Farbe der Tonnen für die Ermittlung relevant waren. Rolfes wisse es nicht.
D. fragt, wie sie generell die Uhrzeiten in den Berichten festmachten. Ob sie sie im Einsatz notierten, ob sie sich die Zeiten merkten. Rolfes sagt, es sei unterschiedlich, eventuell habe er auf die Uhr gesehen oder eine Gedächtnisstütze benutzt. In der Situation selbst hatte er keine Zeit, Notizen zu schreiben. Die Zeiten im Bericht seien trotzdem korrekt.
D. fragt, wer wo mitgefahren sei, als die Festnahme vorbei war. Rolfes sagt, Aschberger, Joneleit und Tenoth standen da mit einem anderen und hätten auf ein Auto gewartet.
D. fragt nach der Anzahl weiterer Anwesender, worauf Rolfes 2-4 Zivilbeamte nennt. Es seien nicht die gewesen, die vorher ins Auto gestiegen seien. Er habe sich nicht eingemischt und wisse nicht, wer wo eingestiegen ist. D. fragt, ob beide im gleichen Auto oder getrennt abgefahren seien, worauf Rolfes keine Antwort wisse. Ob Tenoth mit Cordes darüber gesprochen habe, dass seine Vernehmung so lange war, möchte D. wissen. Rolfes sagt, das sei nur seine Vermutung gewesen. Tenoth habe gesagt, dass es lange gedauert habe und zwei Anwälte da waren.
D. fragt, ob Rolfes Tenoth nach den gestellten Fragen gefragt habe, was Rolfes verneint. K. bittet Rolfes, die Situation nach den Mülltonnen zu beschreiben. Rolfes erzählt, dass die Personen gelaufen seien, weshalb sie gewusst hätten, dass Joneleit und Aschberger da gewesen seien. Tenoth habe ihnen „Halt, Polizei!“ hinterhergerufen, dann sei alles ganz schnell gegangen. Eventuell wurde von mehreren Seiten geschrien. K. fragt, wie viele Personen auf Rolfes zugelaufen seien. Die eine, sagt er. Er wisse nicht, ob es mehr gewesen seien. K. fragt, was Tenoth außerdem Rufen getan habe, worauf Rolfes meint, er habe nicht gesehen, was Tenoth gemacht hat. Ob er wusste, dass Tenoth auch Pfeffer eingesetzt habe? Rolfes wusste es vor Ort nicht, eventuell habe er es später erfahren. Es wird ihm die Skizze von Tenoth gezeigt. Rolfes sagt, es könne sein, dass er sich immer wieder nach hinter fallen ließ.
Die Befragung ist vorbei und der Zeuge wird entlassen. Es werden weitere Verhandlungstermine zwischen Anwält*innen, Richter*in und Staatsanwält*in abgestimmt. Der letzte vorgesehene Prozesstermin würde auf den 13.12. fallen.
16:00 Ende

Rolfes konnte also nichts Neues berichten. Einzig seine Aussage: „Wenn wir zuschlagen können, … machen wir das!“, sollte uns im Gedächtnis bleiben.